
Fassen wir kurz die Fakten zusammen: Peter Neururer fährt einen Porsche Panamera, steht selten vor 9 Uhr auf und schaut für sein Leben gerne die Seifenoper „Rote Rosen“. Er wiegt 86,85 Kilo, steht mindestens dreimal täglich auf der Waage und kann exzellent Donald Duck imitieren. Er hat ein Golf-Handicap von 11, kann Sätze sagen, die einfach kein Ende nehmen und nennt den Norweger Jörn Andersen „den Schweden“. Sein fußballerisches Talent beschreibt er mit Sätzen wie „Ich habe mich warmgemacht wie Diego Maradona – und gespielt habe ich nachher wie Katsche Schwarzenbeck“. Sätze, die beweisen, dass Peter Neururer mehr Selbstironie hat, als der gesamte restliche Profizirkus zusammen.
Das alles wissen wir, weil Peter Neururer sehr lange ohne Arbeit war. Er durfte über drei Jahre nicht mehr als Fußballtrainer an der Seitenlinie stehen. 1257 Tage. Eine Ewigkeit im Fußball. Das hat ihn fertiggemacht. Das hätte jeden fertiggemacht. Neururer bekam in dieser Phase einen Herzinfarkt und nicht wenige sagen, dass auch der mit seiner Arbeitslosigkeit zu tun hatte. Und natürlich mit dem Rauchen. Damit hat er übrigens aufgehört. „Diese Freizeit, die war für mich Stress in den letzten Jahre“, hat er dem sid verraten. Stressig war sicher auch, dass ihn immer häufiger Journalisten – auch wir – besuchten und er dann immer fragen musste: „Was soll das für eine Geschichte werden? Fußballtrainer im Wartestand?“ Er wusste da längst, was er zu liefern hatte. So hielt er sich im Gespräch. Und er hielt es aus.
„Ich? Mich bewerben? Ich muss gefunden werden.“
Es waren jede Menge Gemeinheiten in diesen Geschichten versteckt, etwa als der „Spiegel“ schrieb: „Peter Neururer hat so viele Worte für Arbeitslosigkeit gefunden wie andere Leute für Arbeit.“ Aber Peter Neururer machte einfach weiter. Er war Anekdotenmaschine, B‑Promi und Golf-Süchtiger, gern gesehener Gast bei Sportplatzeröffnungen, Talkrunden und im Frühstücksfernsehen. Es muss für ihn ein Horror gewesen sein, denn eigentlich wollte er immer nur als Fußballtrainer arbeiten. Aber er hielt durch. Als er etwa gefragt wurde, ob er sich eigentlich auf Stellen bewerbe, lachte er laut auf und sagte: „Ich? Mich bewerben? Ich muss gefunden werden.“ Peter Neururer meinte das ernst. Obwohl er wissen musste, dass er so weit von einem Job in der Bundesliga entfernt war wie sein VfL Bochum von der Deutschen Meisterschaft. Egal. Peter Neururer hielt durch. Und wartete.
Doch vor gar nicht allzu langer Zeit hielt er es doch nicht mehr aus. Der arbeitslose Trainer Peter Neururer stellte dem deutschen Fußball ein Ultimatum: „Wenn ich in dieser Saison keinen Job als Cheftrainer oder Sportdirektor bekomme“, sagte er, „dann ist Schluss.“ Es klang irgendwie absurd, dass ein Trainer, der vermeintlich längst vom Karussell gefallen war, wie ein trotzige Kind von draußen seinen Platz einforderte. Viele lächelten über ihn, manche drehten sich längst verschämt weg. Peter Neururer wusste das. Aber er glaubte einfach fest daran, dass jemand wie er noch gebraucht wird.
Der Mythos lebt
Seit heute ist Neururer wieder Trainer bei seinem VfL Bochum. Er hat bewiesen, dass es sich lohnt, auf die eine Chance zu warten. Das kann peinlich werden. Das kann ewig dauern. Das kann weh tun. Egal! Weil sie kommen wird. Das hat längst nichts mehr mit Fußball zu tun – sondern mit dem Leben.
Ab sofort werden in Bochum wieder die Mythen vom Moonwalk vor der Fankurve, dem Husarenritt in den Uefa-Cup, der großen Tage der Unabsteigbaren von der Castroper Straße bemüht. Doch erstmal muss Peter Neururer beweisen, dass er das Handwerk in all der Zeit nicht verlernt hat. Das Feuerwehrmann-Handwerk. Sein Handwerk. Der VfL steht mit einem Bein in der Dritten Liga, ist frisch auf den Relegationsplatz 16 abgestürzt. Doch jetzt übernimmt Peter Neururer. Er weiß: Es gibt immer eine Chance. Man muss nur daran glauben!
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